Seit Indiens Marktöffnung haben sich weitreichende gesellschaftliche Veränderungen abgezeichnet. Geschlechterrollen und Sexualität werden oft als Kernthemen in öffentlichen Diskursen um sozialen Wandel und „Verwestlichung“ gehandelt. Speziell junge Frauen werden hierbei zugleich mit wirtschaftlichen Aspirationen, als auch mit der Wahrung der kulturellen Einzigartigkeit des Landes assoziiert. Auf die ideologisierte Rolle von Ehe und Mutterschaft wird besonders Wert gelegt. Was können „alternative“ Lebensentwürfe alleinstehender Frauen über die Neuordnung von Generationen- und Geschlechterverhältnissen aussagen? Wie gehen indische Frauen mit den teils widersprüchlichen Anforderungen gesellschaftlichen Wandels um? Basierend auf langfristiger ethnografischen Feldforschung, widmet sich das Projekt dem geschlechtlichen Spannungsfeld urbaner Kontexte, die einerseits Individualisierung ermöglichen, andererseits unterschiedliche Disziplinierungsmechanismen ausüben. Geschlechtliche Subjektivierungsprozesse werden dabei stets auch in ihrer Eigenheit im Zusammenhang mit soziokulturellen und historischen Faktoren diskutiert, wodurch unilineare Modernisierungstheorien, die der Ausbreitung einer globalen Konsumgesellschaft eine homogenisierende Wirkung auf gesellschaftliche Rollenbilder zuschreiben, hinterfragt werden.