In der Männer- und Fluchtforschung wird Flucht meist als Problem für die männliche Identität betrachtet, da Identitätskonstruktionen über die Erwerbsarbeit, die Rolle als Familienernährer und eine autonome Lebensplanung wegfallen. Unberücksichtigt bleiben Männer, für die diese Konstruktionen bereits im Herkunftskontext eingeschränkt realisierbar sind. In diesem Forschungsprojekt wird gefragt, wie diese Männer in der Erzählung ihrer Lebensgeschichten Identität konstruieren und welche Rolle dabei Geschlecht, Nation, Ethnie und Klasse spielen. Als Fluchtkontext wird Eritrea betrachtet, da dort die Hauptursache für Flucht nicht Krieg, sondern staatliche Marginalisierung im Militär- und Nationaldienst ist. Auf theoretischer wie methodischer Ebene wird eine intersektionale und postkoloniale Perspektive eingenommen, durch die reduktionistische Betrachtungen von geflüchteten Männern als ‚kulturell anders‘ abgebremst, kontextualisiert und verkompliziert werden. Zur Erhebung werden in Deutschland fünfzehn aus Eritrea geflohene Männer biographisch-narrativ interviewt. Die Analyse erfolgt mit einer Kombination aus der biographischen Fallrekonstruktion nach Rosenthal und der intersektionalen Mehrebenenanalyse nach Winker und Degele, um neben der individuellen Lebensgeschichte auch gesellschaftliche Machtverhältnisse berücksichtigen zu können. Damit kann gezeigt werden, welche Identitätskategorien für geflüchtete Männer aus Eritrea von Relevanz sind, wie diese ausgestaltet werden und wie gesellschaftliche Diskurse und soziale Strukturen in den erzählten Lebensgeschichten verhandelt werden. Das Dissertationsprojekt liefert somit einen wichtigen Impuls zur wissenschaftlichen Betrachtung des komplexen Verhältnisses von Männern, Flucht und Identität.
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