In meiner Dissertation fokussiere ich Verbindungen von Ganztagsschulkultur mit Geschlechterpraktiken von Schüler_innen in ihrer Materialität. Leitendes Erkenntnisinteresse sind die Verstrickungen von materiellen, schulkulturell geprägten Dimensionen (Zeit, Raum, Dinge) mit gender performances (Geschlechterdarstellungen) von Schüler_innen im pädagogischen Setting der Ganztagsschule, die zunehmende Bedeutung als Sozialisationsinstanz erlangt – Kinder und Jugendliche verbringen verstärkt auch ihre Freizeit in dieser Institution. Wie interagieren nun Schüler_innen im Ganztagsschulsetting in außerunterrichtlichen Phasen wie der Mittagspause und des Nachmittagsangebots, und wie nutzen sie dabei die vorhandenen Räumlichkeiten, Dinge und schulstrukturellen Rahmungen? Die Geschlechterforschung innerhalb der Erziehungswissenschaft umgeht bisher größtenteils die Frage nach außerunterrichtlichen (Geschlechter-)Sozialisationsbedingungen von Schüler_innen innerhalb des Ganztagsschulsystems. Deshalb habe ich im Rahmen meiner Dissertation über ein Schuljahr hinweg intensiv an einer integrierten Gesamtschule mit verpflichtendem Ganztagsangebot ethnografisch geforscht: Anhand Teilnehmender Beobachtung begleitete ich Schüler_innen einer 5. und 9. Klasse im Schulalltag, v. a. in (Mittags-)pausen und Nachmittagsaktivitäten inklusive Schulausflügen und Aktionstagen. Von Interesse waren insbesondere Interaktionen von Schüler_innen ohne pädagogische Fachkräfte und abseits pädagogischer Rahmungen. Die so angelegte Feldforschung ermöglicht die Analyse von Geschlechterpraktiken von Schüler_innen aus intersektionaler Perspektive in situ und in actu und im weiteren Forschungsprozess deren Verstrickungen zur vorhandenen Schulkultur samt einzelschulspezifischen Schulstrukturen. Der Materialkorpus umfasst Feldprotokolle, Interviews mit Schüler_innen und Schulpersonal sowie zahlreiche Schuldokumente. Die Auswertung des Materials erfolgt grounded-theory-orientiert anhand Codings und Kategorisierungen. Theoretischer Hintergrund sind insbesondere Konzepte von Pierre Bourdieu, Judith Butler, Herbert Kalthoff sowie Helga Kelle. Aufgezeigt werden Verknüpfungen von Aushandlungspraktiken mit schulstrukturellen Rahmenbedingungen, Geschlechterdiskursen sowie Schulnarrativen, um Einblicke in die Verwobenheit von Praxis- mit Strukturebenen zu ermöglichen.
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