Die Tiermedizin ist als Gesundheitsprofession nicht nur für das Leben und Wohlergehen von Tieren verantwortlich, sondern auch für ihre Tötung und die Überwachung dieser. In mannig- fachen Kontexten, mit verschiedenen Formen und an unterschiedlichen Orten finden tierme- dizinische Tiertötungen statt, etwa die sogenannte ‚Euthanasie‘ in kurativen Praxen, die ‚Schlachtung‘ im Rahmen der Lebensmittelproduktion, die Tiertötung zur Wissensgenerierung mit dem ‚terminalen Tierversuch‘ oder die ‚Keulung‘ im Rahmen der staatlichen Tierseuchen- bekämpfung. Diese Multikontextualität der tiermedizinisch kontrollierten Tiertötung sowie die intraprofessionelle Aushandlungen der (Un-)Eindeutigkeit tiermedizinischer Professionalität sollen in diesem Dissertationsprojekt untersucht werden. In der gegenwärtigen Forschungsli- teratur finden sich bisher vor allem Ergebnisse zu den einzelnen tiermedizinischen Kontexten. Zentrales Element der empirischen Analyse bilden Expert_inneninterviews mit Tiermedizi- ner_innen sowie teilnehmende Beobachtungen in den oben genannten Kontexten. Diese wer- den mittels der Situationsanalyse nach Adele Clarke (2005; dies. u. a. 2018) untersucht. Der Hauptuntersuchung geht eine Dokumentenanalyse (insbesondere des Deutschen Tierärzte- blatts) voran. Die ausgehenden Forschungsfragen beziehen sich dabei zum einen auf den „basic social process“ (vgl. Glaser/Strauss 1967) der tiermedizinischen Tiertötung: Was pas- siert beim Töten? Wie funktioniert es? Wie wird die Tiertötung erzählt? Und zum anderen die Situation der tiermedizinischen Tiertötung: Wie verhält sich die Tiertötung zur Konstruktion tierärztlicher Professionalität? Parallel dazu verlaufen Fragen nach der Relevanz von Ge- schlecht und anderen sozialen Kategorien: Sind tierärztliche Tötungsformen geschlechtlich konnotiert? Wie verhält es sich mit der tierärztlichen Professionalität? Das Ziel des Projekts ist ein weitreichendes Verständnis der professionellen bzw. professio- nalisierten Tiertötung in der Tiermedizin in ihrer narrativen, praktischen, diskursiven wie mate- riellen Hervorbringung. Durch die Forschung soll ein fundierter Beitrag zur Etablierung einer Soziologie der Tiermedizin geleistet werden. Schließlich soll die Arbeit auch einen empirischen Beitrag zu aktuellen Debatten der Professionssoziologie, der Human-Animal sowie der Gender Studies leisten (Verhältnis von Professionalität und Geschlecht, Tiere als Subjekte/Objekte, Aushandlung des Verhältnisses von Natur/Kultur).
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