Sabrina Saase (TU Braunschweig in Kooperation mit der SFU Berlin)

Das Ziel meiner Forschung ist ein multi-dimensionaler Perspektivwechsel, um mittels intersektionalitäts-informierter Haltungen und Verhaltensweisen in der Psychotherapieausbildung und Psychotherapie zu einem vertiefenden und wertschätzenden Verständnis des Selbst und unserer Gemeinschaft zu gelangen und somit Gleichstellung, Vielfalt und Diskriminierungsabbau zu befördern. Konkret möchte ich mit meinem Projekt das interdisziplinäre und ungleichheitskritische Paradigma Intersektionalität weiter in hiesiger Psychologie und Psychotherapie verankern. Weiterhin führt der Fokus weg von stigmatisierenden Betrachtungen von ausschließlich marginalisierten Positionierungen und bezieht intersektionales Privilegienbewusstsein ein. Besonders die Rolle von hiesigen angehenden Psychotherapeut*innen ist daher spannend. Einerseits haben sie ein Studium abgeschlossen und eine teure Ausbildung gemacht und nun einen diskursmächtigen Beruf erlangt, der sowohl versucht das Selbst zu festigen und Leid zu lindern und zu empowern als auch versuchen muss gesellschaftliche Probleme nicht zu individualiseren und zu reproduzieren. Andererseits können Psychotherapeut*innen selbst auch z.B. Wartesemester haben, Probleme mit dem Aufenthaltsrecht und der Finanzierung haben, rassistische und queer-feindliche Erfahrungen in der Ausbildung machen. Als ersten Schritt nutze ich das fluide Konzept intersektionales Privilegienbewusstsein, um ressourcenorientiert zu verdeutlichen, dass alle Menschen über die Lebensspanne je nach historischem, geo-politischem Bezugspunkt verschiedene soziale Ungleichheitserfahrungen machen können, die zu politischen Forderungen führen können, die über Identitätspolitiken hinausreichen. Da verschiedene Faktoren dazu beitragen, ob und wie intersektionales Privilegienbewusstsein als Katalysator für social justice fungieren kann, spielen auch Emotionen und Affekte, Handlungsfähigkeit (agency), ambiguitätstoleranz, Selbstoffenbarung und Abstinenz, Selbstpositionierung, framing eine Rolle.